“Roh und grausam wollen wir mit ihm verfahren, um seine Sanftmut kennen zu lernen, seine Geduld zu erproben”
(Weish. 2,19)
Die Geißelung Christi – Caravaggio
Wenn wir anderen Menschen Gutes tun, bereitet uns das eine Art Zufriedenheit. Ja, wir alle sind dazu geschaffen, Gutes zu tun. „Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat.“(Eph 2,10). Aber wem tun wir normalerweise Gutes? Nicht etwa denen, die uns lieben, die auch anerkennen, was wir ihnen tun und die uns dafür dankbar sind? Sind wir bereit, auch denen Gutes zu tun, die danach uns gegenüber undankbar sein und uns beleidigen werden?
Es ist leicht für uns, denen Gutes zu tun, die uns lieben, uns schätzen, die ein Herz voll Dankbarkeit haben für das, was wir ihnen tun. Wir sind bereit, keine Mühen zu scheuen und Opfer für sie zu bringen. Wir vertrauen darauf, dass wir die Anerkennung dafür von Herrn bekommen. Aber durch das Buch der Weisheit zeigt der Herr, wie wir unsere Geduld und Güte überprüfen können. Wenn wir imstande sind, die Kränkungen und Verletzungen durch jene auszuhalten, denen wir Gutes tun, und weiter fortfahren, ihnen Gutes zu tun, ungeachtet dessen, was sie uns sagen oder antun, dann werden wir diese Prüfung bestehen. Andernfalls versagen wir bei dieser Prüfung, wenn wir angesichts von Undank und Beschimpfung durch andere wütend, bekümmert, enttäuscht reagieren. Es ist nicht das, was wir tun, sondern es ist unser Zugang zu Menschen, wie wir uns denen gegenüber verhalten, die das Gute, das wir ihnen getan haben, mit Bösem (in Wort und Tat) vergelten, das ist ein Prüfstein für unsere Geduld und Güte.
Jesus ist das vollkommene Vorbild für uns. Etwa 700 Jahre vor der Ankunft Jesu sagte der Prophet Jesaia: „Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut….Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jes 53, 3-5). Das war die Prophetie über das Leiden Jesu am ersten Karfreitag. Erheben sich unsere Gedanken zu diesem ‚leidenden Gottesknecht’, wenn wir Beleidigungen, Spott, Ablehnung einstecken müssen von den Leuten, denen wir Gutes getan haben? „Durch Seine Wunden sind wir geheilt.“ Daher können auch wir ein Werkzeug für die Heilung und Umkehr anderer Menschen werden, indem wir die Schmerzen ihrer Kränkung, ihres Undanks und Spotts tragen.
Normalerweise möchten wir alle leidvollen Situationen in unserem Leben vermeiden; wir hassen Menschen, die uns Leiden verursachen. Im Gegensatz dazu hat Jesus geliebt, Gutes getan und für alle gebetet, die ihm sein überaus schändliches und schmerzhaftes Leiden bereitet haben. Seine Haltung ihnen gegenüber zeigte noch immer Liebe und Anteilnahme. Er verstand die‚ die Hilflosigkeit und Blindheit der Menschen, die Gutes mit Bösem vergalten und er sah die Folgen ihrer Bosheit – die Zerstörung Jerusalems und ebenso ihre ewige Verdammnis. Daher hatte er Mitleid mit ihnen. Und diese edle, beispiellose Haltung wurde zum Grund der Heilung für Andere.
Natürlich ist das Tun guter Werke zu wertschätzen und zu fördern. Der Hl. Jakobus sagt: “Wer also das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt. (Jak 4,17)
Daher brauchen wir, nicht nur unsere Übertretungssünden zu bekennen (das Brechen von Geboten und Vorschriften der Kirche, usw.), sondern auch unsere Unterlassungssünden. Der reiche Mann in der Geschichte des Lazarus und der Priester und der Levit in der Geschichte des guten Samariters wurden verurteilt, weil sie das Gute, das sie hätten tun können, nicht getan haben.
Wir können an dieser Stelle nicht aufhören, denn auf der Leiter des spirituellen Wachstums müssen wir immer höher klettern. Deshalb ist auch das Vermeiden von Übertretungs- und Unterlassungs-sünden noch nicht alles….Wir müssen hoch hinauf streben. Jesus hat gesagt: „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.“ Mt 5,48). Wir müssen beachten, dass Jesus dieses Wort im Zusammenhang mit Seiner Lehre über vergebende Liebe sagt. Wir denken immer, dass wir nach Perfektion in unseren Studien, unserem Beruf, unserem Lebensstil, etc. streben sollten. Aber Jesus meinte, dass wir in der Liebe vollkommen sein müssen. In Seiner Bergpredigt ermahnte Jesus die Jünger, die Feinde zu lieben (Mt 5,43-47); und als eine Schlussfolgerung dieser Unterweisung gab Jesus dieses Gebot: “Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.” (Mt 5,48)
Wir werden vollkommen in der Liebe, wenn wir, „den Weg gehen, den Jesus gegangen ist“ (vgl. 1 Joh 2,6). „Die Leiden, die wir ertragen, bedeuten, dass ich in meinem Fleisch für den Leib Christi, die Kirche, in meinem irdischen Leben das ergänze, was an den Leiden Christi noch fehlt.,,.(KKK 1508; Kol 1,24). Da wir ja Glieder an Christi Leib sind, sollte die Jesus eigene Haltung auch die unsere sein. So können wir auch weiterhin lebendige Glieder des Leibes Christi sein. Wenn wir wirklich jene lieben, die uns verfolgen, dann überwinden wie unsere Selbstsucht und lieben den Anderen/die Andere selbstlos wegen seines/ihres eigenes Wohls. Diese Einstellung zählt dann in unserer Vollkommenheit. Weiters ist derselbe Hl. Geist, der in Jesus zur Zeit seines Erdendaseins gewirkt hat, um aus ihm einen vollkommenen Menschen zu machen, auch uns geschenkt. Dieser Hl. Geist möchte, dass wir Ihm so antworten, wie Jesus es getan hat. So dass wir eins in Christus werden oder Christus ähnlich. Man erwartet von einem jeden Christusjünger, dass er Leiden erträgt, die vom ‘bösen Feind’ auferlegt werden. Es gibt genug Gelegenheiten für jeden von uns in unseren Familien, an unseren Arbeitsplätzen, die Haltung Christi in unserem Leben zu zeigen. In der Hl. Eucharistie empfangen wir Jesus, der durch Seinen zerbrochenen Körper und Sein vergossenes Blut die Vergebung unserer Sünden erworben hat. Christus in der Eucharistie will Seine Haltung in unser Leben einpflanzen. Kann ein Christusjünger angesichts von Verfolgung und ungerechter Behandlung wütend, grausam oder ungeduldig sein?
Jesus war in allen Situationen der Verfolgung sanftmütig. … „Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf…. Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen Knecht.” (Jes 53, 7,10) So wie Jesus Sein Leben als Opfer für die Sünde der Menschheit hingab, genauso wollen auch wir unser Leben als Lösegeld für die Sünde anderer hingeben, indem wir das Böse so annehmen, wie es Jesus tat – mit Sanftmut und Demut des Herzens. Der Geist Christi brachte diese Früchte in Jesus (als Mensch) hervor; und wenn wir mit dem Wirken des Hl. Geistes zusammenarbeiten, so erzeugt Er diese Früchte auch in uns.
„Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter. (1 Pet 2.23)
Fr. JMK, Mary Pereira